»Der Finanzminister wird sagen, dass das Verfahren eines early warning (einer Frühwarnung) nicht gerechtfertigt ist«, sagte Eichels Sprecherin Maria Heider am Mittwoch vor der Bundespressekonferenz in Berlin. Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye teilte mit, im Kabinett sei nicht über dieses Thema gesprochen worden.
Unterdessen hat der Kanzlerkandidat der Union, Edmund Stoiber (CSU), Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) davor gewarnt, den Euro- Stabilitätspakt zu gefährden. Mit der Androhung eines »Blauen Briefes« wegen der hohen deutschen Staatsverschuldung vollziehe die EU-Kommission lediglich geltendes Recht, sagte Stoiber am Mittwoch im mecklenburgischen Neubrandenburg. Es sei »unmöglich«, wenn der Kanzler darauf mit einer öffentlichen Auseinandersetzung reagiere. Schröder wolle nur von seinen eigenen Schwächen und Fehlern ablenken.
Heye sprach von einer »unveränderten Situation«. Er reagierte damit auf die Frage, ob die Kommissionsempfehlung eines »Blauen Briefs« an den Finanzministerrat wegen des hohen deutschen Haushaltsdefizits aufrechterhalten werde. Nach Aussage von Heider gibt es zwischen Bundesregierung und EU-Kommission weiterhin inhaltlich keine Differenzen. Auch die Kommission unterstreiche die deutsche Haushaltspolitik als richtig und verlange keine Änderungen. Dennoch habe sie das Verfahren einer Frühwarnungs-Empfehlung gewählt. Darüber müssten nun die Finanzminister entscheiden.
In Berlin und einigen anderen EU-Staaten geht man davon aus, dass eine notwendige qualifizierte Mehrheit zu Gunsten des Kommissions- Vorschlages nicht zu erreichen sein wird. Deutschland käme dann an einem »Blauen Brief« wegen der mit 2,7 Prozent gefährlicher Annäherung an das Defizit-Oberziel von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts vorbei.
Der Bundeskanzler hatte Anfang dieser Woche sein Unverständnis über einen möglichen »Blauen Brief« für Deutschland zum Ausdruck gebracht und von einer politischen Intrige gesprochen. Stoiber kündigte eine »größere Auseinandersetzung« mit Schröder zu diesem Thema an.