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6. Februar 2002












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05.02.2002    
Faltschachtel mit Öko-Segen


Von Sylvia Clemens Spätestens wenn im Herbst das Dosenpfand droht, wird die Diskussion um Pfandquoten und drohende Vermüllung der Umwelt durch Wegwerfpackungen neu aufleben.

Erneut wird bei den Wortgefechten zwischen der Pro-Dosen-Fraktion und ihren Gegnern die Lobby des Getränke- kartons daneben stehen - als lachender Dritter, mit drei Trümpfen im Ärmel.

Denn erstens ist der Kelch der Pfandpflicht in weitem Bogen an den Milch- und Safttüten vorbei gezogen, weil sie zweitens ihre Recyclingquote erfüllen und drittens in der jüngsten Ökobilanz des Bundes als "ökologisch vorteilhaft" geadelt wurden.

Das Umweltbundesamt hatte den gesamten Lebensweg von Mehr- und Einwegverpackungen unter die ökologische Lupe genommen und das für Gegner und Befürworter gleichsam überraschende Ergebnis verkündet: Der nur einmal zu befüllende Saftkarton, der, wenn er leer ist, sofort im Müll landet, sei für die Umwelt nicht mehr oder weniger schädlich als die viele Male wieder befüllbare Milchflasche aus Glas. Hände weg dagegen von Einwegdosen und -flaschen, rieten die Experten. Von ihnen drohe Flora Gefahr.

Nachdem er den Bericht gelesen hatte, erklärte Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne), man könne bei Verpackungen Gut und Schlecht nun nicht mehr an Mehrweg und Einweg fest machen, sondern müsse unterscheiden zwischen ökologisch vorteilhaft (für die Umwelt gut) und ökologisch nachteilig (für die Umwelt schlecht).

Für die Verfechter des Getränkekartons waren Trittins Worte die Labsal schlechthin. Bis dahin hatten sie kein politisch anerkanntes Argument, dafür aber alle Hände voll zu tun, das Image ihres folienbeschichteten Papierbehälters als "ökologisches Schmuddelkind" zu entkräften. Alle hätten auf die Kartonverpackung als umweltschädlichen Müllproduzenten geschimpft, gleichzeitig aber seien immer mehr davon verkauft worden, erklärte der Fachverband Kartonverpackungen für flüssige Nahrungsmittel (FKN).

Pro Jahr werden in Deutschland gut drei Milliarden Liter Milch und Saft in über neun Milliarden Faltschachteln verkauft - rund 80 Packungen pro Kopf. Zwei Drittel davon werfen die Käufer geleert in gelbe Säcke oder Container mit dem grünen Punkt. Um die 65 Prozent seien es in den vergangenen Jahren gewesen, teilte die für das Recycling zuständige ReCarton GmbH in Wiesbaden mit.

Solange die Recyclingquote über 60 Prozent liegt, ist alles gut. Rutscht sie darunter, droht auch hier laut Verpackungsverordnung ein Pfand.

Dass das nicht geschieht, darüber wacht seit Einführung der Verordnung im Jahr 1991 der FKN, Tochter und Interessenvertretung der drei in Deutschland tätigen Hersteller von Getränkekartons: Tetra Pak in Hochheim, SIG Combibloc in Linnich und Elopac in Speyer.

Der Verband steht vertraglich dafür ein, dass die über das Duale System Deutschland gesammelten Packungen recycelt werden - umweltverträglich, um den Bonus "ökologisch vorteilhaft" keinesfalls aufs Spiel zu setzen. Denn die Aufwertung des Kartons sei auch einer besseren Verwertung durch umweltschonendere Verfahren zu verdanken, hatte Trittin angefügt.

Also sorgt der Verband dafür, dass ein gebrauchter Getränkekarton schadstoffarm wieder in seine Bestandteile Papier, Aluminium und Folie zerfällt und aus den Komponenten nützliche Dinge wie Wellpappe, Faltschachtel, Energie und Abbindemittel für Zement entstehen.

Dafür weden die Sammelmengen aus dem süddeutschen Raum zur Verwertung in die Nähe von Rosenheim gefahren. Der Müll aus Mitteldeutschland kommt nach Kreuzau (Nordrhein-Westfalen). Den weitesten Weg nehmen die Tüten aus dem Norden und Osten.

Die reisen nämlich bis Finnland. Und werden im Süden des Landes in Varkaus bei der Firma Corenso United Oy verwertet - einer Tochter des riesigen finnischen Forstindustriekonzerns Stora Enso Oyj. Stora Enso besitzt eigene Wälder, Sägewerke und Papierfabriken und ist größter Rohkarton-Lieferant der drei deutschen Getränkekarton-Hersteller.

Damit die Schiffe nicht leer über die Ostsee zurück fahren müssen, laden sie tonnenweise benutzte Kartons in ihren Bauch, zusammengepresst zu handlichen 600 Kilogramm schweren Ballen, und nehmen sie mit nach Varkaus in den firmeneigenen Hafen von Corenso.

Dort werden die Ballen in kleine Fetzen geschreddert und in eine 30 Meter lange waschmaschinenähnliche Trommel geschüttet. In der weicht das Papier von Folie und Alu. Aus der Folie entsteht hausintern Energie. Das Aluminium wird verkauft. Aus den Papierfasern werden neue Bahnen Karton hergestellt, die sofort zusammen gedreht werden zu oberschenkeldicken Wickelhülsen. Auf die wickeln Industriekunden später Papier-, Textil- oder Folienbahnen für die Weiterverarbeitung in Druckereien und Bekleidungsbetrieben.

Für Corenso war die Investition in die Recyclinganlage eine lohnende Sache. "Als Hersteller von Spezialkarton für Wickelhülsen brauchen wir hochwertigen Rohstoff, den wir zuvor aus Birkenholz gewonnen haben", erklärt Corenso-Chef Pekka Harkki. "Dazu mussten wir teilweise Birkenholz importieren - das war teuer." Durch den Einsatz gebrauchter Getränkekartons könne auf frischen Zellstoff aus Birkenholz verzichtet werden, ohne dass die Qualität leide.

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