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18. September 2001

RWE taucht tief ins US-Wassergeschäft ein

7, 6 Milliarden Dollar in bar legt der deutsche RWE-Konzern für den US-Wasserversorger American Water Works auf den Tisch.

Von Robert Mayer, Frankfurt

Vor knapp einem Jahr hat der Energiekonzern RWE die britische Thames Water übernommen und damit seine Aspirationen auf eine international gewichtige Rolle im Wasserversorgungs-Geschäft angemeldet. Schon bald darauf folgte der Erwerb von Etown, doch war mit dem siebtgrössten US-Wasserversorger der dortige Markt - weltweit der mit Abstand grösste - noch unzureichend abgedeckt.
Beobachter erwarteten deshalb einen neuerlichen Grosseinkauf vom Typ Thames Water.

   Am Montag war es so weit: RWE hat sich mit American Water Works (AWW) auf eine Übernahme verständigt, wodurch der Essener Konzern zur Nummer eins im US-Wassergeschäft aufsteigt. Der Kaufpreis beträgt 4,6 Milliarden Dollar; hinzu kommen noch Verbindlichkeiten von rund 3 Milliarden, so dass sich die Akquisition des grössten an der Börse notierten US-Wasserunternehmens auf insgesamt 7,6 Milliarden Dollar beläuft. Nach Aussage von RWE haben bereits 24 Prozent der AWW-Aktionäre dem Übernahmeangebot zugestimmt. Der Konzern rechnet mit dem Abschluss der Transaktion in spätestens zwei Jahren.

   In Analystenkreisen wurde der Deal zwar als wichtiger und sinnvoller strategischer Schritt für RWE grundsätzlich begrüsst. Über die Höhe des Kaufpreises gingen die Meinungen aber auseinander.
Während die einen argumentierten, angesichts des grossen Wachstumspotenzials des US-Wassermarktes sei kein Schnäppchenpreis zu erwarten gewesen, kritisierten andere, dass RWE für das in New Jersey ansässige Unternehmen trotz der derzeitigen konjunkturellen Unsicherheiten noch mehr zu bezahlen habe als für Thames Water. Die Essener legen 46 Dollar je AWW-Aktie aus, entsprechend einer Prämie von 36,5 Prozent zum Kursdurchschnitt der letzten 30 Tage per 10. September.

   Mit der Übernahme von American Water Works festigt RWE seine Position als Nummer drei im weltweiten Wassergeschäft. Der deutsche Konzern kann dadurch die Zahl der versorgten Kunden von 43 auf 56 Millionen erhöhen. Gleichwohl verbleibt ein gehöriger Abstand zu den beiden marktführenden französischen Versorgungskonzernen Vivendi und Suez, die wesentlich früher in die Wasserversorgung eingestiegen sind und heute einen Kundenstamm von je rund l00 Millionen besitzen.

AWW ist in 23 US-Bundesstaaten tätig und hat im letzten Jahr mit etwa 5000 Mitarbeitern einen Umsatz von 1,4 Milliarden Dollar erzielt. Der US-Wassermarkt ist ausserordentlich stark fragmentiert: Es gibt Tausende von überwiegend kommunalen Wassergesellschaften. RWE wird seine jetzt erreichte starke Position in den USA gewiss zu weiteren Zukäufen nutzen, wenn die anstehende Privatisierung der dortigen Wasserversorger und die damit verbundene Konsolidierungswelle erst mal so richtig in Gang kommt.

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