Der vollständige Wortlaut des Urteils steht auch zum Download bereit.


THÜRINGER OBERVERWALTUNGSGERICHT

Wappen

Pressemitteilung

Zweckverband zur Wasserversorgung und Abwasserentsorgung
der Gemeinden im Thüringer Holzland
ist nicht wirksam entstanden

Mit dieser Begründung hat der 4. Senat des Thüringer Oberverwaltungsgerichts in einem gestern im Anschluß an die mündliche Verhandlung verkündeten Urteil der Klage einer Gemeinde stattgegeben und festgestellt, daß die Gemeinde nicht Mitglied im Zweckverband geworden ist.

In dem zwischen der Gemeinde und dem Freistaat Thüringen als Träger der Kommunalaufsichtsbehörde geführten Rechtsstreit war das Verwaltungsgericht Gera in seinem erstinstanzlichen Urteil noch von einer wirksamen Entstehung des Zweckverbands ausgegangen. Es hatte aber festgestellt, die Gemeinde sei zum Zeitpunkt der erstmaligen Geltendmachung von Gründungsmängeln aus dem Zweckverband ausgeschieden.

In der mündlichen Verhandlung über die Berufungen der Gemeinde, des Freistaats Thüringen und des beigeladenen Zweckverbands war die in der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts noch nicht geklärte Frage, wie Gründungsmängel geltend gemacht werden können, ausführlich erörtert worden. Im Ergebnis kam es darauf aber nicht an. Denn das Oberverwaltungsgericht hat auf die Berufung der klagenden Gemeinde die weitergehende Feststellung getroffen, daß die Klägerin nicht Mitglied im Zweckverband geworden ist.

Zu den tragenden Gründen dieses Urteils führte der Senatsvorsitzende im Anschluß an die Urteilsverkündung aus, der Senat habe die Gründungsvorgänge geprüft und sei zu dem Ergebnis gekommen, daß der Zweckverband zu keinem Zeitpunkt wirksam entstanden sei. Denn die zur Entstehung eines Zweckverbands nach § 19 des Thüringer Gesetzes über die kommunale Gemeinschaftsarbeit notwendige Bekanntmachung einer Zweckverbandssatzung und der dazugehörigen Genehmigung der Aufsichtsbehörde in deren Amtsblatt sei nicht in einer den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Form erfolgt.

Die Bekanntmachung einer Gründungssatzung im Amtsblatt der Aufsichtsbehörde vom Dezember 1992 habe nicht zur Entstehung des Zweckverbands geführt. Zwar sei es in diesem Fall unschädlich gewesen, daß die dazugehörige Genehmigung der Aufsichtsbehörde erst im folgenden Amtsblatt vom Januar 1993 bekanntgemacht worden sei. Auch der Umstand, daß die Genehmigung nicht im Wortlaut, sondern nachrichtlich wiedergegeben wurde, habe die Entstehung des Zweckverbands nicht gehindert. Ausschlaggebend sei aber, daß die Verbandssatzung nicht im vollständigen Wortlaut im Amtsblatt abgedruckt worden sei.
Bestandteil der bekanntgemachten Satzung sei nach deren § 2 eine Anlage 1 gewesen, aus der die Mitglieder des Verbandes ersichtlich sein sollten, sowie eine Anlage 2, die einen Übersichtsplan des Ver- und Entsorgungsgebiets des Zweckverbands enthalten sollte. Beide Anlagen seien aber nicht mit abgedruckt worden. Da die Verbandsmitglieder und der räumliche Wirkungsbereich des Zweckverbands zum gesetzlich geforderten Mindestinhalt einer Zweckverbandssatzung gehören, schließe das Fehlen dieser Anlagen in der Bekanntmachung eine wirksame Entstehung des Zweckverbands aus.

Die Aufsichtsbehörde und der Zweckverband hatten zwar argumentiert, eine vor der Zweckverbandssatzung abgedruckte Liste der Gemeinden, die ihren Beitritt zum Zweckverband beschlossen haben, entspreche inhaltlich den beiden Anlagen. Dem ist der Senat nicht gefolgt, weil sich daraus allenfalls eine Vermutung, nicht aber die erforderliche Gewißheit über Mitgliedsgemeinden und Verbandsgebiet nach der Verbandssatzung ergebe. Auch spätere Bekanntmachungen hätten nach dem Ergebnis der Prüfung durch den Senat den Zweckverband nicht nachträglich zur Entstehung bringen können. Das gelte auch für die Bekanntmachung einer Verbandssatzung vom 24. 11. 1992 in der Fassung aller bis dahin erlassenen Änderungssatzungen im Amtsblatt vom 23. 12. 1996.
Da eine Gründungssatzung von den Mitgliedsgemeinden beschlossen werden müsse, Änderungssatzungen dagegen von der Verbandsversammlung beschlossen würden, ergebe sich schon aus dem Inhalt der Bekanntmachung nicht, daß der bekanntgemachte Text einer Zweckverbandssatzung eine durch die zuständigen Gremien der Mitgliedsgemeinden vereinbarte Gründungssatzung darstelle.

Thüringer Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 30. 08. 2001 - 4 KO 199/00


Bemerkung: Hervorhebungen durch die Redaktion.

Zurück