Klär-Werk 2/01


Bericht zum Verfahrensstand gegen den WAV

Sehr geehrte Mitglieder der Bürgerinitiative,

ich möchte das "Klärwerk" nutzen, um einen kurzen Bericht über den derzeitigen Verfahrensstand der Angelegenheiten der Bürgerinitiative zu geben.

1.   Gegen die Bescheide des WAV, mit der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung für das Jahr 2000 abgerechnet und Vorauszahlungen für 2001 gefordert wurden, haben wir Widersprüche eingelegt und beim Verwaltungsgericht Anträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gestellt.

Das Verwaltungsgericht hatte entschieden, dass die Abwassersatzung des WAV nichtig ist.

Im Ergebnis dieser Entscheidung hatten wir Ihnen in einer Mitgliederversammlung mitgeteilt, dass folglich Abwasser erst einmal nicht gezahlt werden muß.

Im Nachgang hat der WAV sodann entsprechend den Vorgaben des Verwaltungsgerichtes Gera den Wortlaut der Satzung korrigiert.

Dieser Korrektur einher ging nicht eine neue Globalkalkulation nach dem neuen Wortlaut der Satzung.

Gleichwohl hat das Gericht erklärt, sich im Eilverfahren mit einer Kalkulation - egal ob fehlerhaft oder nicht vorhanden - nicht auseinander zu setzen und dieses Problem erst in einem Hauptsacheverfahren zu behandeln.

Daraus ergaben sich 2 wichtige Schlußfolgerungen:
a)   zum einen sind die Eilverfahren aufgrund der veränderten Sachlage nicht mehr zu gewinnen gewesen und es wurde insofern die Erledigung erklärt;
b)   aufgrund dieser veränderten Sachlage ist auch Abwasser nunmehr ebenfalls erst einmal zu zahlen und eine Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten, sofern diese positiv für die Widerspruchsführer ausgeht, kann das Geld dann zurück verlangt werden.

Diese Entwicklung der Dinge ist zu bedauern, jedoch aufgrund der Tatsache, dass das Verwaltungsgericht Gera nicht bereit ist, die unstreitig fehlende aktuelle Gebührenkalkulation auf Grundlage der neuen Satzung im Eilverfahren zu würdigen, nicht abzuändern.

2.   Hinsichtlich der von den Beitragspflichtigen an den WAV von 1994 bis 1999 gezahlten Gebühren wurden diese, soweit sie an die Bürgerinitiative abgetreten wurden, vom WAV zurückgefordert.

Die Anwälte des WAV haben darauf reagiert und behaupten eine vorgeblich nicht nachvollziehbare Aufstellung dieser Forderungen und haben diese insofern zurückgewiesen.
Hier wird derzeit die Klage gefertigt, die vor dem Verwaltungsgericht Gera eingereicht werden wird.

Dabei steht das Verwaltungsgericht Gera derzeit auf dem rechtlichen Standpunkt, dass die Tatsache, dass der WAV bis zum Jahre 1999 nicht rechtlich wirksam gegründete öffentlich-rechtliche Körperschaft war, ein nicht offensichtlicher Mangel sei und daher die Bescheide lediglich als rechtswidrig, nicht jedoch als nichtig, will heißen, nicht existent behandelt. Insofern erklärte das Verwaltungsgericht Gera, dass Bescheide, gegen die kein Widerspruch eingelegt wurde, bestandskräftig geworden seien, da vorgeblich sowohl Bürger als auch Gerichte und Behörden immer an der Existenz des Verbandes als öffentlich-rechtliche Körperschaft geglaubt hätten.

Diese Aussage des Verwaltungsgerichtes Gera bezieht sich auf einen Bescheid aus dem Jahre 1998. Die Anfrage des Unterfertigten, wie sich diese Aussage mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes Gera vom 10.10.1996 dahingehend verhalte, dass der WAV nicht wirksam gegründet wurde, ist zum Zeitpunkt der Fertigung dieses Artikels vom Verwaltungsgericht Gera noch nicht beantwortet worden. Hier wird mit Interesse abzuwarten sein, mit welcher Begründung das Verwaltungsgericht Gera meint, eine eigene, 1 ½ Jahre vor einem Bescheid von 1998 erlassene Entscheidung ignorieren zu können und damit eine vorgeblich nicht bestehende Offensichtlichkeit des Mangels zu konstruieren.

Sollte das Verwaltungsgericht Gera insoweit seine eigene - und vom Oberverwaltungsgericht Weimar bestätigte - Entscheidung missachten, werden wir der Bürgerinitiative und den Mitgliedern empfehlen, auf jeden Fall in der nächsten Instanz weiter um Rechtsschutz nachzusuchen.

3.   Aus den vorbenannten Ausführungen ist ersichtlich, dass zumindest in den Fällen, in denen die Beitragspflichtigen Widerspruch eingelegt und die Verfahren weiter betrieben haben, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Rückzahlungen vom WAV zu erwarten sind.

Durchzustreiten ist die Frage, was mit den Bescheiden passiert, die vom WAV als nicht öffentlich-rechtliche Körperschaft erlassen wurden und somit eigentlich rechtlich nicht existent sind, gegen die kein Widerspruch eingelegt wurde und derzeit vom Verwaltungsgericht Gera wohl als bestandskräftig behandelt werden.

Hierzu bleibt - leider innerhalb eines langen Zeitraumes - die Entscheidung möglicherweise auch von Obergerichten abzuwarten.

4.   Hinsichtlich der Forderungen des WAV vom 15.02.2000, die nicht als Bescheide sondern als Rechnungen ausgegeben wurden und den Wasser- und Abwasserverbrauch für das Jahr 1999 abgerechnet haben, hat der WAV in einer Vielzahl von Fällen nunmehr Mahnbescheide ausgereicht. Gegen diese haben wir, soweit wir beauftragt wurden, Widerspruch eingelegt.

Ein erstes dieser Verfahren wurde unter dem 09.10.2001 vor dem Amtsgericht Stadtroda verhandelt. Das Amtsgericht Stadtroda hat sich in dieser Verhandlung hinsichtlich einer Entscheidung über eine Zahlungspflicht aus diesen Rechnungen für unzuständig erklärt und an das Verwaltungsgericht Gera verwiesen.

Es bleibt nunmehr mit Interesse abzuwarten, wie das Verwaltungsgericht Gera in einer Konstellation entscheiden wird, in der sich Beitragspflichtige als private Personen und der WAV als privater Rechnungssteller, mithin nicht öffentlich-rechtlicher Hoheitsträger, gegenüberstehen.

Sofern das Verwaltungsgericht Gera der eigenen Rechtssprechung stringent folgt, müsste die Klage des WAV abgewiesen werden, da das Verwaltungsgericht Gera entschieden hat, dass der WAV für den Zeitraum, in dem er nicht öffentlich-rechtliche Körperschaft war, Gebühren und Beiträge nicht hatte erheben dürfen. Dies ist vielmehr ausschließlich und zwingend aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften im Thüringer Wassergesetz öffentlich-rechtlichen Körperschaften vorbehalten. Das Verwaltungsgericht Gera hat insofern ausgeführt, dass es den Gemeinden obliegt, eigene Satzungen zu erstellen und auf dieser Grundlage für den Zeitraum 1994 bis 1999 Wasserver- und Abwasserentsorgung abzurechnen. Sofern das Verwaltungsgericht Gera bei dieser Rechtssprechung bleibt, werden die Klagen hinsichtlich der Rechnungen vom 15.02.2000 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit abgewiesen werden.

Dabei ist jedoch anzumerken, dass der WAV gegen die vorbenannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtes Gera Antrag auf Zulassung der Beschwerde gestellt hat, eine Entscheidung vielleicht in ca. 1 ½ Jahren vom OVG Weimar zu erwarten ist.

Auch hier bleibt bedauerlicherweise festzuhalten, dass aufgrund der unzumutbar langen Dauer der Verfahren ein Zustand geschaffen wird, der sämtlichen Beteiligten nicht genehm ist und eine Rechtsunsicherheit schafft, die einer geregelten Wasserver- und Abwasserentsorgung nicht förderlich ist.

Im Fazit der vorgenannten Ausführungen bleibt festzustellen, dass diejenigen, die sich bisher kontinuierlich und - zum Teil wie Sisyphus - gegen den WAV wehrten, gegen Bescheide Widersprüche einlegten und die Verfahren auch vor den Gerichten weiterführten, im Ergebnis mit weniger Problemen ihr Geld vom WAV zurück erhalten haben/werden, als diejenigen, die - aus oft verständlichen Gründen - Kraft oder Mut zum Weiterstreiten nicht hatten.

Ich verbleibe mit freundlichen Grüßen und der Bitte, auch zukünftig innerhalb der Bürgerinitiative weiter gegen die Probleme mit dem WAV zu kämpfen und sich ob der langwierigen Verfahrensdauer und - sicher auch in Zukunft erfolgenden - Rückschläge nicht entmutigen zu lassen.

A. Suck
Rechtsanwalt


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