Der vollständige Wortlaut des Urteils steht auch zum Download bereit.


THÜRINGER OBERVERWALTUNGSGERICHT

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Pressemitteilung
18. 12. 2000

Das Oberverwaltungsgericht erklärt die Beitrags- und Gebührensatzung
des Zweckverbandes Wasser/Abwasser "Mittleres Elstertal" teilweise für nichtig

Vor dem 4. Senat des Thüringer Oberverwaltungsgerichts hat gestern (17.12.00) die mündliche Verhandlung über die Normenkontrollanträge von vier Wohnungsbaugenossenschaften aus Gera gegen die Beitragsregelungen in der Beitrags- und Gebührensatzung des Zweckverbandes Wasser/Abwasser "Mittleres Elstertal" stattgefunden. In dem im Anschluss an die mündliche Verhandlung verkündeten Urteil werden die Beitragsregelungen der Satzung für nichtig erklärt (Az.: 4 N 472/00). Diese Entscheidung im Normenkontrollverfahren ist allgemein verbindlich, sie gilt also nicht nur im Verhältnis zu den Wohnungsbauunternehmen, die den Antrag gestellt haben.

In der mündlichen Verhandlung sind die von den Beteiligten und vom Gericht aufgeworfenen rechtlichen Bedenken gegen die Gültigkeit der Satzung ausführlich zur Sprache gekommen.
Die Wohnungsbaugenossenschaften hatten die Ungültigkeit der Beitragsregelungen schon damit begründen wollen, dass der Zweckverband im Jahre 1992 nicht wirksam gegründet worden sei. Außerdem weise die angegriffene Satzung zahlreiche Form- und Verfahrensfehler auf und verstoße auch inhaltlich gegen geltendes Recht. Die Rügen der Antragsteller richteten sich insbesondere gegen die Satzungsregelungen, die eine nachträgliche Beitragserhebung für Grundstücke vorsahen, deren Ausnutzbarkeit nach einer schon erfolgten Beitragsheranziehung erhöht wird. Das Gericht hatte die Beteiligten in der Vorbereitung der mündlichen Verhandlung bereits darauf hingewiesen, dass es Bedenken gegen die Tiefenbegrenzungsregelung in der Beitragssatzung des Zweckverbandes habe. Mit dieser Regelung hatte der Zweckverband die bei der Beitragserhebung zu berücksichtigende Grundstückstiefe für alle Grundstücke im Verbandsgebiet, die nicht im Geltungsbereich eines Bebauungsplanes liegen, auf 35 m begrenzt. Eine entsprechende Regelung ist auch in den Satzungsmustern des Thüringer Innenministeriums enthalten.

In der mündlichen Urteilsbegründung führte der Senatsvorsitzende im Anschluss an die Verkündung des Urteils aus, dass der Senat an seiner bisherigen Rechtsprechung festhält, wonach ein Zweckverband trotz eventueller Fehler im Gründungsverfahren rechtlich wirksam entsteht, wenn die Aufsichtsbehörde die Verbandssatzung und ihre Genehmigung ordnungsgemäß bekanntgemacht hat.
Die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Bekanntmachung seien im Falle des Zweckverbandes Wasser/Abwasser "Mittleres Elstertal" erfüllt. Die geltend gemachten Form- und Verfahrensfehler hielt der Senat nicht für entscheidend. Dagegen verstoßen zur Überzeugung des Gerichts sowohl die Satzungsregelungen zur Nacherhebung von Beiträgen bei veränderten Grundstücksverhältnissen als auch die Tiefenbegrenzungsregelung für alle unbeplanten Grundstücke in der Innerortslage gegen geltendes Recht. Während die unwirksamen Satzungsregelungen über eine Nacherhebung von Beiträgen aber die Beitragsregelungen im übrigen unberührt lassen, hat die Unwirksamkeit der Tiefenbegrenzungsregelung die Nichtigkeit des gesamten Beitragsteils der Satzung zur Folge.

Das Urteil wird voraussichtlich erhebliche Tragweite auch auf die Gültigkeit anderer Beitragssatzungen im Bereich der Wasserversorgung und der Abwasserbeseitigung in Thüringen haben, da die vom Gericht beanstandete Regelung zur Tiefenbegrenzung in dieser oder ähnlicher Form in zahlreichen Satzungen enthalten ist. Dies bedeutet allerdings nicht, dass die Beitragsschuldner in diesen Fällen damit rechnen können, auf Dauer von Beitragsforderungen der Gemeinden und Zweckverbänden verschont zu bleiben. Denn die Kommunen und Zweckverbände können die unwirksamen Satzungsbestimmungen korrigieren und damit für bereits erlassene und zukünftige Beitragsbescheide eine rechtmäßige Satzungsgrundlage schaffen.


Bemerkung: Hervorhebungen durch die Redaktion.

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