Zur schriftlichen Begründung des Urteils.


THÜRINGER OBERVERWALTUNGSGERICHT

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Pressemitteilung
22. 06. 2006

Beitragsrechtliche Regelungen
der Abwasserbeitrags- und -gebührensatzungen
des Zweckverbandes Wasser/ Abwasser "Mittleres Elstertal"
sind unwirksam

Vor dem 4. Senat des Thüringer Oberverwaltungsgerichts hat gestern die mündliche Verhandlung über die Normenkontrollanträge von vier Wohnungsbaugenossenschaften aus Gera gegen die beitragsrechtlichen Regelungen in der Abwasserbeitrags- und -gebührensatzung des Zweckverbandes Wasser/ Abwasser "Mittleres Elstertal" stattgefunden. Das Verfahren hatte sich zunächst gegen die Ausgangsfassung dieser Satzung aus dem Jahr 1993 gerichtet, im laufenden Verfahren hatten die Antragstellerinnen jedoch später erlassene Änderungen einbezogen, zuletzt die 2002 veröffentlichte Neufassung, die auf einer neuen Globalkalkulation der Beiträge beruhte, sowie eine 2003 veröffentlichte Änderungssatzung.

Die vier Wohnungsbaugenossenschaften hatten zuvor bereits Normenkontrollverfahren gegen die Satzungen des Zweckverbandes über die Erhebung von Wasserbeiträgen und Wassergebühren betrieben und jeweils die Nichtigerklärung der angegriffenen Satzungsteile durch das Oberverwaltungsgericht erreichen können (Wasserbeiträge: Urteil vom 18.12.2000 – 4 N 472/00 -; Wassergebühren: Urteil vom 12. 12. 2001 – 4 N 595/94). Bei der Neukalkulation der Abwasserbeiträge im Jahr 2002 hat der Zweckverband die Rechtsprechung des Senats zur Tiefenbegrenzung im oben genannten Urteil vom 18. 12. 2000 zu den Wasserbeiträgen berücksichtigt und die Beitragssätze deutlich gesenkt.

Die Wohnungsbaugenossenschaften hatten im Verfahren zahlreiche Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit der Abwasserbeitragssatzung des Zweckverbandes erhoben. Insbesondere betraf dies die Bildung einer einheitlichen Entwässerungseinrichtung für Schmutzwasser, Regenwasser und Fäkalschlamm im gesamten Verbandsgebiet, die neu gefasste Tiefenbegrenzungsregelung in der Abwasserbeitragssatzung, die Maßstabsregelung für Außenbereichsgrundstücke, die Abstufung der Bei­tragssätze für Voll- und Teilanschlüsse sowie die Höhe der Beitragssätze.

In dem im Anschluss an die mündliche Verhandlung verkündeten Urteil hat der Senat die beitragsrechtlichen Regelungen der 2002 und 2003 neu gefassten Satzungen ebenso für unwirksam erklärt wie die beitragsrechtlichen Regelungen der vorherigen Satzungen. In der mündlichen Urteilsbegründung hat der Senatsvorsitzende ausgeführt, dass die Beitragssätze in den angegriffenen Satzungen erheblich überhöht seien. Die in der Beitragskalkulation angesetzten Investitionskosten für Anlagen zur Abwasserbeseitigung in neu errichteten Wohn- und Gewerbegebieten hätten nicht berücksichtigt werden dürfen, weil diese Kosten nicht vom Zweckverband getragen wurden, sondern von den privaten oder kommunalen Erschließungsträgern, die sich in Erschließungsverträgen mit dem Zweckverband zur Erstellung der Anlagen auf ihre Kosten verpflichtet hatten. Ohne Berücksichtigung dieser Kosten wären die Beiträge aber erheblich niedriger ausgefallen. Dies führe zur Unwirksamkeit der beitragsrechtlichen Regelungen insgesamt.

Auf Einzelheiten der Begründung und auf weitere Fragen, die in der mündlichen Verhandlung erörtert worden sind und die zum Teil grundsätzliche Bedeutung für das Kommunalabgabenrecht in Thüringen haben, wird der Senat in der nachfolgenden schriftlichen Urteilsbegründung eingehen. Hierüber wird das Oberverwaltungsgericht durch eine ergänzende Pressemitteilung informieren, sobald das mit einer Begründung versehene Urteil den Beteiligten zugegangen ist.

Die Entscheidung im Normenkontrollverfahren ist allgemein verbindlich, sie gilt also nicht nur im Verhältnis zu den Wohnungsbauunternehmen, die den Antrag gestellt haben. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig.
Thüringer Oberverwaltungsgericht, Urteil vom 21. Juni 2006 - 4 N 574/98 –

Thüringer Oberverwaltungsgericht – Pressestelle/ ROVG Dr. Hüsch – Telefon: 03643-206 253, Telefax: 03643/206100, E-Mail: hhuesch (at) thovg.thueringen.de


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